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Klageverteidigung erfolgreich: Die 50:50 Regelung beim Verkehrsunfall! (AG Köln, Urteil vom 7.11.2016 - 273 C 127/16)

Ist die Haftung bei einem Verkehrsunfall ungeklärt, so kann die 50-50 Regelung beim Verkehrsunfall von Vorteil sein_Rechtsanwalt Sven Nelke hilft

Kann weder die eine, noch die andere Seite bei einem Verkehrsunfall beweisen, wer den Unfall verursacht hat, haften beide für den Schaden der Gegenseite zu jeweils 50 %, soweit auf beiden Seiten ein Auto betroffen ist (AG Köln, Urteil vom 7.11.2016 - 273 C 127/16).



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Zum Sachverhalt: Mandant erlitt einen Verkehrsunfall und der Unfallablauf war streitig!

Unser Mandant erschien und berichtete, dass er mit dem Auto seines Vaters einen Unfall hatte. Im Streit stand, wer den Schaden verursachte. Außergerichtlich haben beide Haftpflichtversicherungen -die der Gegenseite und die des Vaters unseres Mandanten- die jeweiligen Schäden zu 50 % ausgeglichen.

 

Wir rieten unserem Mandanten von einer Klageerhebung ab. Die Gegenseite aber bestand auf vollen Ausgleich und klagte. Die Klage war geschickt, denn sie richtete sich nur gegen die Haftpflichtversicherung -des Vaters unseres Mandanten- und gegen unseren Mandanten selbst. Damit war unser Mandant als Führer des KFZ in den Prozess verwickelt und konnte nicht mehr als Zeuge aussagen.

 

Auf der Gegenseite stellte sich heraus, dass der Tochter das Fahrzeug gehörte und sie die Halterin war. Ihr Vater führte das Fahrzeug, war aber nicht in den Klageprozess involviert. Aus diesem Grunde stand er als Zeuge der Gegenseite zur Verfügung.

 

Wir erhoben also eine Widerklage, zogen den gegnerischen Fahrer -Vater der Halterin- in den Prozess hinein, sodass er nicht mehr als Zeuge zur Verfügung stand. Dies wird Drittwiderklage genannt.

AG Köln: Kollidieren bei einem Unfall zwei Fahrzeuge und kann nicht aufgeklärt werden, wer den Unfall verursacht hat, so ist jeder dem anderen gegenüber verpflichtet, 50 % des Schadens auszugleichen!

Da beide Seiten nunmehr keine Zeugen mehr hatten, konnte niemand den Beweis führen, wer den Unfall also verursacht hat. Falsch aber vereinfacht gesagt, musste das Gericht also davon ausgehen, dass beide schuld hatten. Richtig gesagt, wägte das Gericht die beiderseitigen Betriebsgefahren der Fahrzeuge gegeneinander ab und kam zu dem Ergebnis, dass jeder dem anderen 50 % seines Schadens ersetzen muss.

 

Das Gericht traf hierzu folgende Feststellungen:

"Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass keinem der Beteiligten mit der notwendigen Sicherheit ein Verschulden oder gar ein überwiegendes Verschulden am Zustandekommen des Unfalls angelastet werden konnte. Damit ist unklar geblieben, wie der Unfall geschehen ist. Die Abwägung der Verursachungsbeiträge kann nur auf unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen beruhen. Keine Partei hat Umstände bewiesen, die die Betriebsgefahr des anderen erhöhen.

 

Bei der Haftungsabwägung im Rahmen des § 17 StVG lag daher unter Berücksichtigung der von den beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahren eine Haftungsteilung (50:50) nahe. Daraus ergibt sich, dass die Betriebsgefahr beider Fahrzeuge mit 50% zu veranschlagen ist und die Klägerin hälftigen Schadensersatz verlangen kann."

-zit. AG Köln, Urteil vom 7.11.2016 - 273 C 127/16


Das Urteil (AG Köln, Urteil vom 7.11.2016 - 273 C 127/16) gibt es hier:

  •  Tenor:
  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Auf die Widerklage werden die Klägerin und die Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an 'die Beklagte zu 1) 38,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.05.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
  3. Die Gerichtskosten werden der Klägerin und den Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldnern zu 3 %, der Klägerin darüber hinaus alleine zu 70 % und der Beklagten zu 1) zu 27 % auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 1) zu 27 %. Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten zu 1) und 2) trägt die Beklagte zu 1) jeweils zu 89 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen die Klägerin und die Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu 3 % und darüber hinaus die Klägerin alleine zu 70 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt die Klägerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
  • Tatbestand:

Am 22.12.2014 befuhr der Drittwiderbeklagte zu 1) mit dem bei der Drittwiderbeklagte zu 2) versicherten PKW VW Golf der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen XXX von der BAB 555 kommend in den Verteilerkreis ein. Er befuhr im Verteilerkreis den - von links gesehen - dritten von insgesamt vier Fahrstreifen. Der Beklagte zu 2) fuhr mit dem bei der Beklagten zu 1) versicherten PKW VW Caddy seines Vaters XXX mit dem amtlichen Kennzeichen XXX auf dem - von links gesehen - zweiten der insgesamt vier Fahrstreifen links neben dem Kläger. Die Fahrzeuge kollidierten miteinander in der der Weise, dass das klägerische Fahrzeug hinten links und das Beklagtenfahrzeug an der rechten, vorderen Seite beschädigt wurden.

 

Der von der Klägerin vorprozessual beauftragte Sachverständige XXX bezifferte die unfallbedingten Reparaturkosten für das Klägerfahrzeug in seinem Gutachten vom 08.01.2015 auf 1.230,74 Euro netto. Für die Einholung des Gutachtens am klägerischen Fahrzeug entstanden Kosten in Höhe von 442,79 Euro netto. Diese Kosten zuzüglich einer Unfallkostenpauschale von 25,56 Euro verlangte die Klägerin vorprozessual mit Anwaltsschriftsatz vom 14.01.2015 von der Beklagten zu 1) ersetzt. Hierauf reagierte die Beklagte zu 1), indem sie der Klägerin mit Schreiben vom 30.03.2015 mitteilte, von einer Haftungsquote von 50 % auszugehen, und dementsprechend eine Zahlung auf den Schaden in Höhe von 848,77 Euro vornahm. Mit der Klage macht die Klägerin den nicht regulierten Teil in Höhe von 848,76 Euro

geltend.

 

Ausweislich der Reparaturkalkulation der XXX GmbH & Co. KG vom 27.01.2015 belaufen sich die Reparaturkosten für das Beklagtenfahrzeug auf einen Betrag in Höhe von 2.364,34 Euro netto. Nachdem dieser Betrag vorprozessual gegenüber der Drittwiderbeklagten zu 2) von dem Beklagtenvertreter geltend gemacht worden war, zahlte diese - ebenfalls ausgehend von einer Haftungsquote von 50 % - einen Betrag in Höhe von 845,02 Euro. Die Drittwiderbeklagte zu 2) ging aufgrund eines von ihr eingeholten Prüfgutachtens der Firma XXX GmbH lediglich von unfallbedingten Reparaturkosten in Höhe von 1.665,04 Euro aus. Der Abzug in Höhe von 699,30 Euro gegenüber der Reparaturkostenkalkulation der XXX GmbH & Co. KG ergibt sich ausweislich des Prüfberichts zum einen im Hinblick auf die günstigeren Stundenverrechnungssätze der dort benannten Referenzwerkstätten und zum anderen im Hinblick auf eine von der Firma XXX GmbH vorgenommene technische Überprüfung. Wegen der Einzelheiten des Prüfberichtes wird auf die von der Klägerin zu den Akten gereichte Anlage B1 Bezug genommen. Die Beklagte zu 1) macht mit ihrer Widerklage den - ausgehend von einer hälftigen Haftungsquote und dem in der Reparaturkostenkalkulation der XXX GmbH & Co. KG angesetzten Betrag in Höhe von 2.364,34 Euro - nicht regulierten Betrag in Höhe von 359,65 Euro geltend. Der Vater des Beklagten zu 1) hat seine ihm als Eigentümer des Beklagtenfahrzeuges zustehenden Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 22.12.2014 ausweislich der mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 08.06.2016 vorgelegten Abtretungserklärung vom 04.06.2016 an die Beklagte zu 1) abgetreten.

 

Die Klägerin behauptet, der Drittwiderbeklagte zu 1) habe vor der sich im Verteilerkreis befindlichen rotlichtanzeigenden Lichtzeichenanlage anhalten wollen und aus diesem Grund seine Geschwindigkeit reduziert. Plötzlich habe der sich auf der Spur links neben dem Drittwiderbeklagten zu 1) befindliche Beklagte zu 2) auf die von dem Drittwiderbeklagten zu 1) befahrene Spur gewechselt und sei dabei mit dem Klägerfahrzeug kollidiert. Die Klägerin ist daher der Auffassung, dass der Beklagte zu 1) die alleinige Schuld für den Unfall trage und sie daher ihren gesamten Sachschaden von den Beklagten ersetzt verlangen könne.

 

Die Klägerin beantragt,

 

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 848,76 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2015 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 108,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

 

Die Beklagten beantragen,

 

die Klage abzuweisen.

 

Widerklagend beantragt die Beklagte zu 1),

 

die Klägerin sowie die Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 359,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 54,15 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

 

Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten beantragen,

 

die Widerklage abzuweisen.

 

Die Beklagten behaupten, der Drittwiderbeklagte zu 1) habe plötzlich und unvermittelt einen Spurwechsel von der - von links gesehen - dritten Spur auf die zweite Spur des vierspurigen Verteilerkreises vorgenommen und hierdurch die Kollision herbeigeführt.

 

Das Gericht hat den Drittwiderbeklagten zu 1) sowie den Beklagten zu 1) persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25.07.2016 sowie vom. 24.10.2016 verwiesen. Die Akten der Stadt Köln - AZ - waren beigezogen und wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

 

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

  • Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet, die Widerklage in geringem Umfang begründet.

 

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von weiterem Schadensersatz. Die Beklagten haften gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG nicht als Gesamtschuldner auf Ersatz von mehr als 50 % des aus dem Unfall vom 22.12.2014 entstandenen Schadens. Die aufgrund des Unfallereignisses der Klägerin gegen die Beklagten zustehenden Ansprüche sind damit infolge der von der Beklagten zu 1) vorprozessual vorgenommenen Zahlung in Höhe von insgesamt Euro 848,77 Euro erloschen, § 362 BGB. Diese Summe macht 50 % des durch den Unfall entstandenen Schadens aus.

 

Der Zusammenstoß und der Schaden sind sowohl beim Betrieb des klägerischen PKW als auch des Beklagtenfahrzeugs eingetreten, so dass die Parteien grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 1 StVG beide haften. Weder die Klägerin noch die Beklagten haben nachgewiesen, dass es sich für sie bei dem Unfall. um ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG gehandelt hat, weshalb gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVG eine Haftungsabwägung vorzunehmen war. Dies bedeutet, dass die Verpflichtung zum Schadensersatz und dessen Höhe davon abhingen, inwieweit der Unfall vorwiegend von dem einen oder dem anderen Beteiligten verursacht worden ist. Die für die Abwägung maßgebenden Umstände müssen dabei feststehen, das heißt unstreitig, zugestanden oder bewiesen sein, wobei auch die durch Anscheinsbeweis bewiesenen Umstände berücksichtigungsfähig sind.

 

Die vorzunehmende Abwägung führt unter Berücksichtigung der von den beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahren zu einer Haftungsteilung (50:50). Der Hergang des Unfalls erscheint auch nach Durchführung der Beweisaufnahme unklar. Es konnte nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden, ob die Kollision durch einen von dem Beklagten zu 2) oder einem von dem Drittwiderbeklagten zu 1) vorgenommenen Spurwechsel verursacht worden ist. Das Gericht konnte auch nach Anhörung der Parteien nicht abschließend aufklären, wie es zu einem Zusammenstoß der beiden unfallbeteiligten Fahrzeuge gekommen ist. Nach dem Ergebnis der Anhörung konnte das Gericht nicht mit dem erforderlichen Grad an Gewissheit eine der beiden vorgetragenen Unfallvarianten als erwiesen ansehen.

 

Beide Parteien haben im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung den jeweils bereits schriftsätzlich vorgetragenen Unfallhergang nochmals bestätigt. Ein Grund, weshalb den Angaben des Drittwiderbeklagten zu 1) mehr Glauben geschenkt werden sollte, als den des Beklagten -zu 2) oder umgekehrt, ist nicht ersichtlich. Beide Parteien haben den Unfallhergang nachvollziehbar und schlüssig geschildert. Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben oder an der Glaubwürdigkeit des Drittwiderbeklagten zu 1) oder des Beklagten zu 2) waren für das Gericht nicht gegeben. Alleine der Umstand, dass der Drittwiderbeklagte zu 1) im Rahmen seiner Anhörung Unsicherheiten gezeigt hat, als er danach gefragt worden ist, wohin die Straße führt, wenn man - wie von ihm nach seinem Vortrag beabsichtigt - von der Autobahn kommend in den Kreisverkehr einfährt und sodann die zweite Ausfahrt nehmend geradeaus weiterfährt, reicht nicht aus, um die Glaubhaftigkeit seiner Angaben insgesamt in Zweifel zu ziehen. Der Drittwiderbeklagte zu 1) hat durchgehend daran festgehalten, dass er geradeaus weiterfahren wollte und dementsprechend keinen Spurwechsel vornehmen musste und auch nicht vorgenommen hat.

 

Dem Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Unfallhergang war nicht nachzugehen. Denn ein Sachverständiger kann ohne weitere Anknüpfungstatsachen die Kollisionsstelle nicht näher eingrenzen, geschweige denn bestimmen. Ein Splitterfeld wurde nicht festgestellt. Weitere Anknüpfungstatsachen lagen nicht vor. Es ist dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt und nachvollziehbar, dass ein Sachverständiger ohne weitere Tatsachen als die Schäden an den Fahrzeugen nur den Kollisionswinkel feststellen kann, nicht aber den Kollisionsort.

 

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass keinem der Beteiligten mit der notwendigen Sicherheit ein Verschulden oder gar ein überwiegendes Verschulden am Zustandekommen des Unfalls angelastet werden konnte. Damit ist unklar geblieben, wie der Unfall geschehen ist. Die Abwägung der Verursachungsbeiträge kann nur auf unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen beruhen. Keine Partei hat Umstände bewiesen, die die Betriebsgefahr des anderen erhöhen.

 

Bei der Haftungsabwägung im Rahmen des § 17 StVG lag daher unter Berücksichtigung der von den beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahren eine Haftungsteilung (50:50) nahe. Daraus ergibt sich, dass die Betriebsgefahr beider Fahrzeuge mit 50% zu veranschlagen ist und die Klägerin hälftigen Schadensersatz verlangen kann.

 

Der Gesamtschaden der Klägerin beläuft sich vorliegend auf 1.697,53 Euro (Reparaturkosten 1.230,74 Euro + Sachverständigenkosten 441,79 Euro + Unfallkostenpauschale 25,00 Euro), so dass sich unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 50 % ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 848,77 Euro ergibt. Dieser Anspruch der Klägerin ist durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten zu 1) in dieser Höhe durch Erfüllung gemäß § 362 BGB erloschen.

 

Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Ersatz von Zinsen und weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.

 

2.

Die Widerklage hat in geringem Umfang Erfolg.

 

Die Beklagte zu 1) hat gegen die Klägerin und die Drittwiderbeklagten einen Anspruch auf Zahlung von weiterem Schadensersatz in Höhe von 38,86 Euro gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 11·5 WG, 398 BGB. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten haften aufgrund des Unfallereignisses dem Eigentümer des Klägerfahrzeuges - insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden - ebenfalls auf Ersatz von 50 % seines unfallbedingten Schadens. Diesen Anspruch hat der Geschädigte ausweislich der mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 08.06.2016 überreichten Abtretungserklärung vom 04.06.2016 an die Beklagte zu 1) abgetreten, so dass diese nunmehr Rechtsinhaberin geworden ist.

 

Der von der Klägerin und den Drittwiderbeklagten zu ersetzende unfallbedingte Schaden beläuft sich auf insgesamt 1.767,77 Euro (1.742,77 Euro Reparaturkosten + 25,00 Euro Auslagenpauschale).

 

Die erforderlichen Reparaturkosten belaufen sich vorliegend auf 1.742,77 Euro. Zwar hat die Beklagte zu 1) einen Kostenvoranschlag der Firma XXX GmbH & Co. KG vom 27.01.2015 vorgelegt, wonach sich die Reparaturkosten auf 2.364,34 Euro belaufen.

 

Die Beklagte zu 1) muss sich jedoch die von der Klägerin und den Drittwiderbeklagten geltend gemachten Abzüge wegen der günstigeren Stundenverrechnungssätze der von ihnen benannten Referenzwerkstatt der Firma XXX gefallen lassen. Der Geschädigte hat nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der objektiv erforderlichen Reparaturkosten. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (st. Rspr.: BGH, Urteil vom 23.02.2010, VI ZR 91/09; Urteil vom 15.02.2005, VI ZR 74/04). Der Geschädigte leistet diesem Gebot der Wirtschaftlichkeit grundsätzlich Genüge, wenn er der Schadensberechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (BGH, Urteil vom 23.02.2010, VI ZR 91/09; LG Halle, Urteil vom 10.03.2009, 2 S 277/08). Dem Geschädigten steht insoweit ein Dispositionsrecht zu. Er ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei.

 

Diese Dispositionsfreiheit des Geschädigten findet aber ihre Grenzen sowohl in den Grundsätzen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, wonach eben nur das Erforderliche als Schadensersatz geltend gemacht werden kann, als auch in denen des § 254 Abs. 2 BGB, wonach der Geschädigte verpflichtet ist, den Schaden möglichst gering zu halten. Verursacht bei mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, so ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt (LG Halle, Urteil vom 10.03.2009,2 S 277/08). Wird einem Geschädigten, der seinen Reparaturschaden auf Grundlage der Stundensätze einer markengebundenen Fachwerkstatt geltend machen möchte, eine günstigere ihm mühelos und ohne Weiteres zugängliche und vom Qualitätsstandard her gleichwertige konkrete Reparaturmöglichkeit aufgezeigt, muss er sich daher auf diese verweisen lassen (BGH, Urteil vom 13.07.2010, VI ZR 259/09; Urteil vom 23.02.2010, VI ZR 91/09; Urteil vom 20.10.2009, VI ZR 53/09). Der Schädiger, der den Geschädigten auf solche Reparaturalternativen verweisen möchte, muss insoweit darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht (BGH, Urteil vom 23.02.2010, VI ZR 91/09).

 

Dieser Darlegungslast sind die Klägerin und die Drittwiderbeklagten hier nachgekommen. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten haben unter Bezugnahme auf den Prüfbericht der XXX GmbH darauf hingewiesen, dass eine günstigere Reparaturmöglichkeit bei gleichem Qualitätsstandard "bei der Firma XXX möglich ist. Die Reparaturwerkstatt der Firma XXX befindet sich in der Nähe des Wohnortes des Geschädigten und ist damit ohne weiteres für ihn zugänglich. Zudem ist der Betrieb als gleichwertig anzusehen. In dem vorgelegten Prüfbericht sind die Qualitätsmerkmale des Betriebes im Einzelnen ausgeführt. Überdies ist gerichtsbekannt, dass dieser Betrieb über eine Eurogarant-Zertifizierung verfügt. Eine Eurogarant-Zertifizierung reicht nach Auffassung des erkennenden Gerichts schon für die Annahme einer gleichwertigen Reparaturmöglichkeit aus, da die zertifizierten Betriebe regelmäßig vom TÜV oder der DEKRA kontrolliert werden (vgl. auch AG Köln, Urt. v. 09.07.2014, 261 C 34/14 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 13.7.2010, VI ZR 259/09). Die Beklagte zu 1) ist auf den Vortrag zu den Verweisungsmöglichkeiten" gar nicht eingegangen, so dass der Vortrag der Klägerin und der Drittwiderbeklagten unstreitig ist. Auch im Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs und des Wartungszustands bis zum Unfallzeitpunkt ergibt sich keine Unzumutbarkeit. Das Beklagtenfahrzeug war zum Unfallzeitpunkt bereits über 10 Jahre alt und es ist nicht vorgetragen, dass es "scheckheftgepflegt" immer in markengebundenen Werkstätten gewartet worden wäre.

 

Des Weiteren waren die aufgrund der von der Firma XXX GmbH vorgenommenen Abzüge wegen der technischen Prüfung in Höhe von 77,73 Euro berechtigt. Dies haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt.

 

Demgemäß belaufen sich die Reparaturkosten letztlich auf 1.742,77 Euro, so dass sich unter Hinzurechnung der allgemeinen Auslagenpauschale ein Gesamtschaden in Höhe von 1.767,77 Euro ergibt. Ausgehend von einer hälftigen· Haftungsquote ergibt sich damit ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 883,88 Euro, so dass sich nach Abzug der vorprozessualen Zahlung durch die Drittwiderbeklagte zu 2) in Höhe von 845,02 noch ein Anspruch in Höhe von 38,86 Euro ergibt.

 

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291. Ein Grund dafür, dass Zinsen bereits ab einem früheren Zeitpunkt zu entrichten wären, ist nicht ersichtlich und auch von der Beklagtenseite nicht vorgetragen worden.        

 

Ein Anspruch auf die Zahlung weiterer Rechtsanwaltsgebühren besteht nicht, da die Drittwiderbeklagte zu · 2) die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bereits vollumfänglich beglichen hat. Für die Berechnung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ist vorliegend von einem Gegenstandswert von bis zu 1.000,00 Euro auszugehen. Unter Zugrundelegung dieses Gegenstandswertes hat die Drittwiderbeklagte zu 1) die Rechtsanwaltsgebühren aber bereits bezahlt.

 

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Der Streitwert wird auf 1.208,41 Euro (Klage: 848,76 Euro + Widerklage: 359,65 Euro) festgesetzt.


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AG Köln, Urteil vom 7.11.2016- 273 C 127
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