Verletzung des Rechts am eigenen Bild durch Teilen und Verlinken eines Fotos! (OLG München, Urteil vom 26.06.2007 - 18 U 2067/07)

Wird ein Foto oder Video einer Pers0n ohne deren Einwilligung im Internet -z.B. auf Facebook, Instagram, Twitter, Youtube, WhatsApp, etc.- geteilt, stellt die Veröffentlichung eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild dar. Wird der Inhalt auf Social Media dann von anderen Nutzern geteilt und weiter verbreitet, können diese sich ebenfalls haftbar gemacht haben (OLG München, Urteil vom 26.06.2007 - 18 U 2067/07).



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Nichtamtliche Leitsätze des OLG München (Urteil vom 26.06.2007 - 18 U 2067/07):

  1. Eine Bildervorschau in einem Post ist eine öffentlichene Zurschaustellung und damit grundsätzlich ohne Einwilligung des Betroffenen unzulässig.
  2. Eine Einwilligung kann aus dem Umstand folgen, dass der Betroffene einer Veröffentlichung seines Fotos auf einer anderen Webseite zugestimmt hat.

 


Das Urteil (OLG München, Urteil vom 26.06.2007 - 18 U 2067/07) gibt es hier:

  • Tenor  

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 25.10.2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor lautet wie folgt:

           

Der Klägerin wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der ..., untersagt, durch eine Linksetzung zu den im Internet veröffentlichten streitgegenständlichen Bildnisse

           

[.. HIER SIND DIE BILDER DARSTELLT..]

           

einen Bezug zur anwaltlichen Tätigkeit des Beklagten herzustellen, wie dies auf der Website der Klägerin http: ... geschehen ist.

           

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 84 % und der Beklagte 16 %.

           

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

           

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.  

  • Gründe

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 2, § 313 a Abs. 1 ZPO).

                       

I.


Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

 

Nachdem die Klage in der mündlichen Verhandlung des Landgerichts München I vom 13.02.2006 von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, wurde der Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln mit Endurteil vom 25.10.2006 untersagt, durch eine Linksetzung zu den im Internet veröffentlichten streitgegenständlichen Bildnissen in einem Online-Bericht einen Bezug zur anwaltlichen Tätigkeit des Beklagten durch die Wortwahl herzustellen

 

"Denn nur dann wird das ganze Ausmaß der Dummheit und Borniertheit eines Münchener Rechtsanwalts deutlich, der die Inhaftierung seines Kanzleikollegen mit den Methoden in ... vergleicht. Eine Aussage, die nur mit einer Portion Realitätsverschiebung getroffen werden kann."

 

Im Übrigen wurde die Widerklage abgewiesen.

  

Das Urteil des Landgerichts wurde der Klägerin am 05.02.2007 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 05.03.2007, eingegangen am selben Tag, legte die Klägerin Berufung ein, die sie mit Schriftsatz vom 05.04.2007, eingegangen am selben Tag, begründete. Das vom Beklagten mit Schriftsatz vom 19.02.2007, eingegangen am selben Tag, eingelegte "Rechtsmittel (Berufung, hilfsweise sofortige Beschwerde)" und die vom Beklagten mit Schriftsatz vom 05.03.2007 eingelegte Berufung wurden in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2007 zurückgenommen.

      

Die Klägerin beantragt,

   

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 25.10.2006 die Widerklage abzuweisen.

 

Der Beklagte beantragt zuletzt,

         

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass beantragt wird:

       

Der Klägerin wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der ... untersagt, durch eine Linksetzung zu den im Internet veröffentlichten streitgegenständlichen Bildern – den im Urteil des Landgerichts vom 25.10.2006 auf Seite 2 wiedergegebenen Bildern – einen Bezug zur anwaltlichen Tätigkeit des Beklagten herzustellen, wie dies auf der Website der Klägerin http://... geschehen ist.

     

Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen.

                       

II.

  

Die zulässige Berufung der Klägerin ist im Ergebnis unbegründet.

 

1. Bei der Umformulierung des Antrags des Beklagten handelt es sich um keine Klageänderung im Sinn von §§ 533, 263 ZPO, für die es einer Anschlussberufung bedurft hätte. Der Beklagte hat vielmehr seinen Klageantrag klargestellt. Es verlangt, dass es die Klägerin unterlässt, durch eine Linksetzung die streitgegenständlichen Bildnisse in einem bestimmten – dem im Antrag genannten – Kontext zu veröffentlichen. Er verlangt dagegen nicht, dass die Klägerin die Behauptung und/oder die Verbreitung der im Antrag genannten Äußerungen unterlässt. In welchem Umfang vom Landgericht die Widerklage rechtskräftig abgewiesen worden ist, kann dahin gestellt bleiben.

 

2. Die Widerklage ist zulässig. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Voraussetzungen von § 33 ZPO gegeben waren, da der fehlende Sachzusammenhang zwischen Klage und Widerklage zunächst nur zur Trennung der Verfahrens geführt hätte. Ob die Voraussetzungen von § 32 ZPO gegeben waren, kann im Hinblick auf § 513 Abs. 2 ZPO dahin gestellt bleiben.

 

3. Die Widerklage ist begründet. Dem Beklagten steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 1, §§ 22, 23 KunstUrhG zu. Die Klägerin hat rechtswidrig in das Recht des Beklagten am eigenen Bild, eingegriffen. Sie hat Bildnisse des Beklagten im streitgegenständlichen Kontext veröffentlicht, ohne dass der Beklagte in die Veröffentlichung eingewilligt hat und ohne dass der Beklagte die Veröffentlichung der Bildnisse gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG hinzunehmen hat.

 

a) Der Beklagte ist betroffen.

 

Die Identität des Beklagten war für die sachlich interessierte Leserschaft des Artikels mühelos ermittelbar. Die Verhaftung des damaligen Kanzleipartners des Beklagten war Thema eines Berichts der ... vom 17.09.2004. Zudem war der Beklagte auf den Bildnissen trotz der Augenbalken aus den vom Landgericht dargestellten Gründen ohne weiteres erkennbar.

   

b) Die Klägerin hat Bildnisse des Beklagten veröffentlicht, indem sie sie öffentlich zu Schau gestellt hat (§ 22 Satz 1 2. Alt. KunstUrhG).

  

Bildnisse werden verbreitet, wenn sie als körperliche Gegenstände weitergegeben werden, und öffentlich zur Schau gestellt, wenn sie für eine nicht bestimmt abgegrenzte und nicht untereinander oder zu einem Veranstalter persönlich verbundene Mehrzahl von Personen sichtbar gemacht werden (vgl. Prinz/Peters a. a. O. Rn 829, Rn 830). Letzteres ist hier der Fall.

  

Die Klägerin hat durch die Linksetzung, wie sie im Tatbestand des angefochtenen Urteils geschildert ist, die streitgegenständlichen Bildnisse des Beklagten öffentlich zur Schau gestellt. Die Beklagte hat die Linksetzung bewusst eingesetzt, um die Bildnisse in den Wortbericht einzubetten und sie bewusst als Untermauerung für die im Wortbericht geschilderte angebliche Dummheit, Borniertheit und Realitätsverschiebung des Beklagten verwendet.

   

c) Der Beklagte hat in die streitgegenständliche Veröffentlichung seiner Bildnisse weder ausdrücklich noch stillschweigend gem. § 22 S. 1 KunstUrhG eingewilligt.

  

Eine Einwilligung in die streitgegenständliche Veröffentlichung ergibt sich nicht daraus, dass der Beklagten in die Veröffentlichung der Bildnisse auf der Internetseite http:... eingewilligt hat. Die Reichweite einer Einwilligung gem. § 22 Satz 1 KunstUrhG ist durch Auslegung nach den Umständen des Einzelfalles zu ermitteln. Es bedarf keiner ausdrücklichen Beschränkung der Einwilligung seitens des Betroffenen. Vielmehr hängt der Umfang der Einwilligung wesentlich von der Art der Veröffentlichung ab, die den unmittelbaren Anstoß für die Erteilung gegeben hat; ihr darüber hinaus Bedeutung auch für spätere Veröffentlichungen eines anderen Zuschnitts beizulegen, ist in aller Regel nur aufgrund eines dahin gehenden besonderen Interesses möglich (BGH VersR 2005, 83).

  

Ein solches Interesse ist nicht ersichtlich. Es handelte sich um keine Website des Beklagten, auf der er eigene Inhalte zur Nutzung bereitgehalten hat (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage Kapitel 7 Rn. 64 und 78).

       

Zweck der Veröffentlichung der Fotos auf der Internetseite http:... war die Darstellung von Personen – u. a des Beklagten – während oder nach dem Paintballspiel. Die Veröffentlichung erfolgt auf einer Internetseite, die sich mit Paintball als einer Möglichkeit der Freizeitgestaltung befasst. Die Internetseite stellt das Paintball-Spiel und die Personen, die es ausüben, nicht satirisch dar. Der Beklagte wird ausschließlich bei seiner Freizeitgestaltung gezeigt. Ein Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Beklagten wird nicht hergestellt. Der Name und der Beruf des Beklagten werden nicht erwähnt. Es wird nur der – ausschließlich Insidern bekannte – Spitzname des Beklagten ... genannt.

      

Aus den gleichen Gründen ergibt sich auch keine Einwilligung in die streitgegenständliche Veröffentlichung aufgrund der Einwilligung des Beklagten in die Veröffentlichung auf der Website "... und des ... vom 04.11.2000 um 16.00 Uhr, als der Beklagte auf den Kommentar eines Nutzers über seine Paintball-Interessen auf die Internetseite http://... hingewiesen hat. Es kann daher unterstellt werden, dass das Vorbringen der Klägerin gem. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen ist.

      

d) Ohne Einwilligung des Beklagten ist eine Veröffentlichung der Fotos im streitgegenständlichen Kontext nicht zulässig, da der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG nicht durchgreift.

 

Der Wortbericht bei der streitgegenständlichen Veröffentlichung befasst sich u. a. kritisch mit der Frage, inwieweit sich die Öffentlichkeit für die Achtung der Menschenrechte von Inhaftierten in ... Interessiert. Als Beispiel für das Desinteresse bzw. die Unkenntnis der Öffentlichkeit wird eine Äußerung des Beklagten zitiert. Die negative Bewertung des Beklagten und seiner Äußerung wird mit den streitgegenständlichen Bildnissen belegt. Wenn man unter Berücksichtigung der Grundsätze des abgestuften Schutzkonzepts des Bundesgerichtshofs (vgl. z. B: BGH BeckRS 2007 08328; BGH VersR 2005, 84 ff.; BGH VersR 2006, 274 ff.) schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte die widerstreitenden Rechte und Grundrechte der Parteien abwägt und davon ausgeht, dass der berichtete Vorgang einschließlich der Äußerung des Beklagten zur Verhaftung seines Kanzleikollegen ein zeitgeschichtlich berichtenswertes Ereignis darstellt, stellen die beanstandeten Abbildungen des Beklagten keinen Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse dar, weil ihnen keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis zu entnehmen ist. Die Bebilderung dient lediglich dazu, die Auffassung des Artikels zu untermauern, dass der Beklagte ein Rechtsanwalt ist, der durch einen Vergleich der Verhaftung seines Kollegen mit Methoden in ... angeblich das ganze Ausmaß seiner Dummheit und Borniertheit und seine Realitätsverschiebung aufzeigt.

     

Selbst wenn man unterstellen würde, die beanstandeten Abbildungen seien noch ein Beitrag zu einer allgemeinen Diskussion, überwiegt das berechtigte Interesse des Klägers gem. Art. 8 EMRK und Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG das Recht der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (§ 23 Abs. 2 KunstUrhG). Das zur Schau gestellte Bild wird aus dem Zusammenhang gerissen. Es zeigt den Beklagten bei einer Freizeitaktivität in seiner Privatsphäre. Die Bildnisse werden als Beleg für die angebliche Dummheit, Borniertheit und Realitätsverschiebung des Beklagten verwendet. Die persönlichen Belange des Beklagten werden in besonderem Maße dadurch tangiert, dass ein Bezug zu seinem Beruf hergestellt wird Mit dieser Art der Verwendung der Bildnisse des Beklagten, der gleichsam als Zeuge seiner angeblichen Dummheit, Borniertheit und Realitätsverschiebung wegen seiner Beschäftigung mit dem Paintballspiel ins Feld geführt wird, werden dessen berechtigte Interessen verletzt.           

 

III.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 a S. 1, § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

       

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

 

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Quelle: OLG München, MMR 2007, 659-660


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