Schadensersatz wegen vorzeitiger Beendigung der Auktion bei ebay - Urteil des AG Waiblingen vom 2.6.16 - 123 C 418/15

Wird bei eBay eine Transaktion vorzeitig abgebrochen, ohne dass ein berechtigter Grund zum Abbruch besteht, so kommt es zum Vertragsschluss zwischen den Anbieter und dem Höchstbieter. Weigert sich der Anbieter sodann in der Folge, den Artikel zum Höchstgebot zu übereignen, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten und Schadensersatz fordern. Wird der Artikel nach Einstellen der Auktion weiterhin genutzt und in tritt die Beschädigung infolge dessen ein, so berechtigt dies nicht zur vorzeitigen Auktionsbeendigung.


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Dies ist der Fall:

Der Verkäufer bot bei eBay sein iPhone als Auktion zum Startpreis von 1 € an. Sodann beendete der Verkäufer die Auktion vorzeitig.

 

Der zum Zeitpunkt des Abbruchs Höchstbietende schrieb den Verkäufer über eBay an und verlangte Übereignung gegen Zahlung des Höchstgebotes (3,50 €). Dies verweigerte der Verkäufer, weshalb der Höchstbieter wiederrum vom Kaufvertrag zurücktrat und dann Schadensersatz einforderte. Auch dies verweigerte der Verkäufer. Eine außergerichtliche Klärung konnte nicht erzielt werden, der Fall landete bei Gericht.

 

Vor Gericht trug der beklagte Verkäufer vor, dass das iPhone seiner Tochter versehentlich runtergefallen sei. Dadurch wurde das iPhone beschädigt und der Verkäufer brach die Transaktion bei eBay sodann vorzeitig ab.


Zur Rechtslage bei vorzeitigem Abbruch einer Transaktion bei eBay:

Grundsätzlich kommt bei eBay ein Kaufvertrag auch dann mit dem Höchstbieter zustande, wenn der Verkäufer die Auktion vorzeitig beendet oder löscht. Verkäufer dürfen in Ergänzung zu § 6 Nr.6 der eBay-AGB Auktionen nämlich nur vorzeitig beenden, wenn hierzu ein berechtigter Abbruchgrund vorliegt (bestätigt durch BGH, Urteil vom 8.6.2011 - VIII ZR 305/10).

 

Verkäufer dürfen aus folgenden, berechtigten Gründen eine Auktion vorzeitig löschen:

  • Der Verkäufer hat sich bei der Erstellung des Angebotes geiirt, z.B. hat er sich bei den Einstellungen zum  Start- und Mindestpreis vertippt.
  • Der Verkäufer wollte den Artikel eigentlich gar nicht anbieten oder hat sich sonst über den Inhalt der Auktion wesentlich geirrt.
  • Der Artikel ist unverschuldet gestohlen wurden.
  • Der Artikel ist beschädigt worden, ohne dass der Verkäufer dies verschuldete.

So entschied das Gericht:

Das Gericht gab dem Kläger, den wir vertreten haben, recht: Der Verkäufer war verpflichtet, das iPhone zum Kaufpreis von 3,50 € an den Käufer zu liefern. Ein berechtigter Grund sah das Gericht nicht, da der Artikel nämlich nicht unverschuldet beschädigt wurde. Vielmehr hätte der Verkäufer den Artikel sicher verwahren und auch vor Zugriff Dritter schützten müssen. Da er dies nicht tat, hat er sich die Beschädigung zuzuschreiben. Daraus lässt sich folgender Grundsatz herauslesen:

Wird der Artikel trotz Einstellung bei eBay weiter benutzt oder nicht sicher vor dem Zugriff Dritter verwahrt und wird er infolge dessen beschädigt, so berechtigt dies nicht zur vorzeitigen Beendigung der eBay-Auktion. Die Beschädigung ist dann schuldhaft verursacht worden.


Das Urteil des AG Waiblingen vom 2.6.16 - 123 C 418/15 gibt es hier zum Nachlesen:

Tenor:

 

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 352,83 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 05.04.2016 zu bezahlen.

 

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 05.04.2016 freizustellen.

 

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

 

(abgekürzt gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

 

Entscheidungsgründe

 

I.

 


Die Klage ist zulässig und begründet.

 


Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 352,83 (§§ 280 Abs. 1,3,281 Abs. 1 BGB).

 

1.

Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag gemäß § 433 Abs. 1 BGB über das streitgegenständliche iPhone 5 zustande gekommen.


Der Abschluss eines Kaufvertrages richtet sich auch im Rahmen einer Auktion auf einer Internetplattform nach den Bestimmungen der §§ 145 ff. BGB.

 

Indem der Beklagte das gebrauchte iPhone zu einem Startpreis von 1,00 auf der Auktionsplattform von eBay zur Internetauktion einstellte, gab er ein verbindliches Verkaufsangebot ab, das sich an denjenigen richtete, der innerhalb der angesetzten Auktionslaufzeit das höchste Angebot abgab.


Dieses Angebot des Beklagten nahm der Kläger an, indem er bei Beendigung der Auktion das höchste Gebot in Höhe von 3,50 € abgegeben hatte.


2.

Der Beklagte war nach den gesamten Umständen nicht berechtigt, die streitgegenständliche Auktion vorzeitig zu beenden.


a)

Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH richtet sich der Erklärungsinhalt der im Rahmen einer eBay-Auktion abgegebenen Willenserklärungen auch nach den Bestimmungen über den Vertragsschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen die Parteien vor der Teilnahme an der Internetauktion zugestimmt haben. In die Auslegung der Willenserklärungen ist daher die Bestimmung der eBay-AGB über das Zustandekommen eines Vertrages bei vorzeitiger Beendigung der Auktion mit einzubeziehen.

 

Das Verkaufsangebot des Anbieters ist somit aus der Sicht der an der Auktion teilnehmenden Bieter (§§ 133, 157 BGB) dahingehend zu verstehen, dass es unter dem Vorbehalt einer nach den eBay-Bedingungen berechtigten Angebotsrücknahme steht (vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2011 - VIII ZR 305/10; Urteil vom 08.01.2014 - VIII ZR 63/13; Urteil vom 10.12.2014 - VIII ZR 90/14; Urteil vom 23.09.2015 - VIII ZR 284/14).

 

Nach § 6 Nr. 6 der eBay-AGB kommt bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Verkäufer zwischen diesem und dem Höchstbietenden ein Vertrag zustande, es sei denn, der Verkäufer war dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.

 

In Ergänzung zu § 6 Nr. 6 eBay-AGB weist eBay durch entsprechende Verlinkung von der Internetseite mit den eBay-AGB auf die "Berechtigte(n) Gründe für die vorzeitige Beendigung eines Angebots" hin. Demnach liegt ein berechtigter Grund für die vorzeitige Beendigung eines Angebots u. a. dann vor, wenn der betreffende Artikel "unverschuldet zerstört oder beschädigt" wurde.

 

b)

Nach dem Vortrag des Beklagten - der als wahr unterstellt werden kann - wurde das iPhone erheblich beschädigt, als es die 18-jährige Tochter des Beklagten von dem Schrank, auf welchem der Beklagte das iPhone verwahrt hatte, herunter holen wollte, und wobei es versehentlich aus der Verpackung herausfiel und das Display einen massiven Kratzer erlitt.

 

Entgegen der Auffassung des Beklagten trat die erhebliche Beschädigung des iPhone jedoch nicht unverschuldet ein (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).


Aus der grundsätzlichen Bindung des Beklagten an sein eBay-Auktionsangebot ist ein Vertrauensverhältnis mit Sorgfalts- und Schutzpflichten des Beklagten entstanden (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.03.2014 - 22 U 127/13). Selbst bei Wahrunterstellung des Sachvortrags des Beklagten ist von einer schuld haften Verletzung dieser Schutzpflicht auszugehen.

 

Aufgrund des Vertragsverhältnisses der Parteien oblag es dem Beklagten, das iPhone sicher zu verwahren und vor erheblichen Beschädigungen zu schützen. Dieser Obliegenheit ist der Beklagte nicht in der gebotenen Art und Weise nachgekommen, was sich anschaulich aus dem vom Beklagten selbst geschilderten Verlauf des Zustandekommens der Beschädigung ergibt. Einen derartigen Geschehensablauf hätte der Beklagte vermeiden können und müssen, indem er das iPhone sicher und für Dritte unzugänglich aufbewahrt hätte. Zudem hat der Beklagte auch selbst nicht vorgetragen, dass er seine Familienangehörigen ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass sie das iPhone mit Blick auf die laufende Auktion nicht mehr anrühren sollen.


Soweit sich der Beklagte auf das Urteil des LG Bochum vom 18.12.2012 - 9 S 166/12 beruft, ist darauf hinzuweisen, dass auch dort zum Ausdruck gebracht wird, dass der Anbieter eines Verkaufsangebots bei eBay berechtigt ist, das Angebot vorzeitig zu beenden, wenn nach Beginn der Auktion an dem zu versteigernden Gegenstand ein Mangel auftritt, den der Anbieter nicht zu vertreten hat. Eben dies ist vorliegend indes nicht der Fall.

 

c)

Nach alledem war der Beklagte nicht berechtigt, die streitgegenständliche Auktion vorzeitig zu beenden. Vielmehr wäre er gehalten gewesen, die Artikelbeschreibung entsprechend den Richtlinien von eBay zu ändern und deutlich auf den sturzbedingt hinzugekommenen Kratzer im Display hinzuweisen, wie dies bei der Folgeauktion dann auch geschehen ist.

 

3.

Der Kaufvertrag der Parteien ist weder wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, noch steht der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs der Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB entgegen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12.11.2014 - VIII ZR 42/14).

 

Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit des Kaufvertrags bzw. ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers sind weder vom Beklagten substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich.

 

4.

Der Beklagte kann sich ferner nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Kläger das streitgegenständliche iPhone auch im Rahmen der Folgeauktion hätte ersteigern können.


Zutreffend ist zwar, dass der Kläger sich auch an der Folgeauktion beteiligt hat und damit auch Kenntnis von der Beschädigung des Geräts hatte. Allerdings kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger das streitgegenständliche iPhone im Rahmen der Folgeauktion zu denselben Konditionen wie im Rahmen der ersten Auktion hätte ersteigern können (vgl. den · Verlauf der Folgeauktion, Anlage B1).

 

5.

Nachdem der Beklagte den Kaufvertrag nicht erfüllt und der Kläger entsprechend den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat, kann der Kläger vom Beklagten Schadensersatz statt der Leistung in Höhe des Wertes des iPhone abzüglich des vereinbarten Kaufpreises verlangen (§ 249 BGB).

 

Der Kläger hat den Wert des iPhone unter Vorlage einer Durchschnittspreisermittlung bei eBay (Anlage K 4) ohne weiteres nachvollziehbar auf 356,33 beziffert. Der Beklagte hat die Anspruchshöhe demgegenüber lediglich pauschal bestritten und unsubstantiiert behauptet, der vom Kläger geltend gemachte Betrag liege für das streitgegenständliche Gerät weit außerhalb des Marktpreises, ohne jedoch selbst. konkrete Wertangaben zu machen.


Das Gericht legt daher seiner nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schadensschätzung den vom Kläger geltend gemachten Betrag zugrunde.


Entgegen den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ist insoweit ein Abzug wegen der erfolgten Beschädigung des iPhone nicht gerechtfertigt, weil diese vor dem Gefahrübergang in der Sphäre des Beklagten in von ihm zu vertretender Art und Weise eingetreten ist.

 

Unter Abzug des Höchstgebotes von 3,50 ergibt sich somit ein Schadensersatzbetrag in Höhe von (356,33 € - 3,50 =) 352,83 .


6.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288,291 BGB.


7.

Der Kläger hat darüberhinaus gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 €. Denn der Beklagte befand sich durch die ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung in Verzug.

 

II.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.


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