Recht am eigenen Bild: Zur Einwilligung auf nur bestimmte Veröffentlichungsformen! (BGH, Urteil vom 08.05.1956 - I ZR 62/54)

Recht am eigenen Bild-Einwillligungbeschränkt-nicht für eine Veröffentlichung-keine Zustimmung darüber hinaus-Rechtsanwalt Sven Nelke

Betroffene dürfen selbst bestimmen, ob ihre Bildnisse nur auf eine bestimmte Art und Weise verbreitet oder veröffentlicht werden. Wird das Foto aber außerhalb der Erlaubnis verwendet, so führt dies zu ein Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild und Betroffenen können sich zur Wehr setzen!



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Amtliche Leitsätze des BGH:

  1. Welche Arten der Verbreitung eines Bildnisses durch eine nicht ausdrücklich eingeschränkte Veröffentlichungserlaubnis des Abgebildeten gedeckt sind, ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles durch eine Auslegung der Erlaubniserklärung zu ermitteln (BGB § 133, BGB § 157).
  2. Gestattet ein Künstler unentgeltlich die Veröffentlichung seines Bildes, so bezieht sich sein Einverständnis im Zweifel nicht auf dessen Verwertung für eine Warenreklame.
  3. Die für Personen der Zeitgeschichte vorgesehene Abbildungsfreiheit (KunstUrhG § 23 Abs 1 Nr 1) erstreckt sich nicht auf Veröffentlichungen, die nicht einem berechtigten Informationsbedürfnis der Allgemeinheit, sondern allein den Geschäftsinteressen eines mit dieser Abbildung für seine Waren werbenden Unternehmens dienen. Durch derartige Veröffentlichungen werden berechtigte Interessen des Abgebildeten auch dann verletzt (KunstUrhG § 23 Abs 2), wenn es sich um die Werbung einer angesehenen Firma für anerkannte Qualitätswaren handelt und die Abbildung als solche einwandfrei ist.
  4. Bei unerlaubten Eingriffen in Ausschließlichkeitsrechte ist eine Schadenberechnung nach der entgangenen Vergütung stets dann zulässig, wenn die Erlaubnis des Rechtsinhabers üblicherweise von der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht wird. Dies gilt auch für die Verletzung des Persönlichkeitsrechts am eigenen Bild.
  5. Ist ein Bild unzulässigerweise ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht worden, so kann auch ein Bereicherungsanspruch in Höhe derjenigen Vergütung in Betracht kommen, die nach der in den beteiligten Kreisen herrschenden Übung für die Erlaubniserteilung zu zahlen gewesen wäre.


Einen Auszug aus dem Urteil (BGH, Urteil vom 08.05.1956 - I ZR 62/54) gibt es hier:

Tatbestand

 

Der Beklagte B., ein Pressefotograf, suchte den Kläger, einen bekannten Theater- und Film*-schauspieler, auf, um von ihm einige fotografische Aufnahmen zum Zwecke der Veröffentlichung zu machen. Der Kläger war hiermit und auch mit dem Vorschlag des Beklagten B., ihn auf dessen Motorroller aufzunehmen, einverstanden.

    

Der Beklagte B. überließ eine Aufnahme, die den Kläger auf dem Motorroller sitzend darstellt, der beklagten Gesellschaft, der Herstellerfirma seines Motorrollers, gegen eine Vergütung zur reklamemäßigen Verwendung. In gleicher Weise verfuhr der Beklagte B. mit ähnlichen Bildern von mehr oder weniger bekannten Künstlern, die er sämtlich ebenfalls zusammen mit seinem Motorroller aufgenommen hatte. Er gab der Werbeabteilung der beklagten Gesellschaft gegenüber die schriftliche Erklärung ab, daß die fraglichen Künstler mit einer Veröffentlichung ihres Bildes in Anzeigen, Plakaten oder sonstigen Werbedrucksachen der Beklagten einverstanden seien. Die Gesellschaft ließ die 18 Bilder zu einer Reklameseite zusammenstellen, auf der jedes Bild mit einer auf ihr Fabrikat hinweisenden Einzelunterschrift versehen war. Die Unterschrift unter dem Bild des Klägers lautete: "Berühmter Mann auf berühmten Fahrzeug: Schauspieler P.D. auf einem ...-Autoroller". Diese Reklameseite ließ die beklagte Gesellschaft im Inseratenteil mehrerer Zeitschriften erscheinen.


Auf Verlangen des Klägers erklärte sich die beklagte Gesellschaft bereit, von einer weiteren Veröffentlichung der fraglichen Aufnahme abzusehen. Sie lehnte aber die vom Kläger geltendgemachten Schadensersatzansprüche ab. Der Kläger verklagte hierauf die beiden Beklagten auf Schadensersatz.


Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Teilbetrages verurteilt.

 

Das Oberlandesgericht hat die Klage gegen die Gesellschaft abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts gegenüber der Gesellschaft, die Anschlußrevision des Beklagten B. blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

 

Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, daß die Verbreitung des Bildes des Klägers, das diesen auf einem Motorroller zeigt, im Rahmen einer Werbeanzeige der Herstellerwerke des Motorrollers objektiv unzulässig war. Es hat die Klage gegen die Gesellschaft nur mangels Verschuldens abgewiesen.

 

1. Gemäß § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden. Das ausschließliche Recht des Abgebildeten, darüber zu entscheiden, ob, und wann und unter welchen Umständen sein Bildnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden darf, ist, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt, kein Urheberrecht, sondern seinem Wesen nach ein Persönlichkeitsrecht. Die Eingliederung dieses Persönlichkeitsrechts in das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und Fotografie erklärt sich daraus, daß es ähnlich wie das Urheberrecht am Bildnis dessen Veröffentlichung zum Gegenstand hat und das Urheberrecht des Bildherstellers überlagert, indem es die Auswertung dieses Urheberrechts von der Einwilligung des Abgebildeten abhängig macht.


Die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung des Abgebildeten kann ausdrücklich oder stillschweigend, unbeschränkt oder beschränkt auf eine bestimmte Art der Verbreitung erteilt werden. Ist dem Abgebildeten, wie dies im Streitfall zutrifft, eine Entschädigung dafür, daß er sich abbilden ließ, nicht gezahlt worden, so trifft die Beweislast für die Einwilligung und den Umfang des Verbreitungsrechts denjenigen, der als Verletzer des Rechtes am eigenen Bild in Anspruch genommen wird (KG Ufita 1940, 160 (162)). Das Berufungsgericht hat den Nachweis dafür, daß der Kläger sich mit einer Veröffentlichung des fraglichen Bildes als Blickfang für eine Fabrikreklame einverstanden erklärt habe, nicht als erbracht angesehen. Diese tatrichterliche Würdigung ist rechtlich bedenkenfrei. Aus dem ausdrücklichen Einverständnis des Klägers mit einer Veröffentlichung seines Bildnisses im redaktionellen Teil der Zeitschrift "Film und Funk" entnimmt das Berufungsgericht, der Kläger habe damit stillschweigend auch eine Veröffentlichung im redaktionellen Teil anderer Zeitschriften gebilligt. Aus dieser Einverständniserklärung sei aber, so fährt das Berufungsgericht aus, nicht eine Einwilligung des Klägers in eine Veröffentlichung zu Reklamezwecken im Inseratenteil beliebiger Zeitschriften zu folgern. Welche Arten der Veröffentlichung durch ein nicht ausdrücklich eingeschränktes Einverständnis des Abgebildeten mit einer Verbreitung seines Bildes gedeckt sind, ist durch eine Auslegung der Einverständniserklärung zu ermitteln, wobei die jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen können. Unstreitig ist dem Kläger nicht mitgeteilt worden, daß sein Bild für eine Fabrikwerbung Verwendung finden solle. Es ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß der Kläger dies auch nicht aus dem Wunsch des Beklagten B., ihn auf einem Motorroller aufzunehmen, folgern konnte, zumal da B. diesen Wunsch nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers mit "Originalitätsgründen" motivierte und andeutete, daß ein Auftrag der Zeitschrift "Film und Funk" vorläge, - eine Begründung, die den Kläger von einem etwaigen Verdacht, die Aufnahme solle der Werbung für Motorroller dienen, geradezu ablenken mußte. Bei Prüfung der Frage, ob B. unter den obwaltenden Umständen die Einwilligung des Klägers in eine Veröffentlichung auch auf eine Verwertung der Aufnahme im Rahmen von Werbeanzeigen der Gesellschaft habe beziehen können, hat das Berufungsgericht weiterhin zu Recht als bedeutsam erachtet, daß es sich bei dem Kläger - anders als in dem Croupier-Urteil des Oberlandesgerichts Freiburg (GRUR 1953, 40) - um einen bekannten und beliebten Schauspieler handelt, der es gewohnt ist, daß Bilder von ihm um seiner selbst willen verbreitet werden. Dem Beklagten B. mußte auch ohne weiteres erkennbar sein, daß der Kläger nur im Interesse einer Steigerung seiner eigenen Volkstümlichkeit bereit war, sich kostenlos für die Aufnahme zur Verfügung zu stellen, und daß diesem Interesse durch eine Abbildung des Klägers zusammen mit einer Vielzahl mehr oder weniger bekannter Künstler als Vorspann für eine Fabrikreklame nicht gedient war. Es wäre deshalb Sache des B. gewesen, wenn er im Gegensatz zu der sonst üblichen Art der Veröffentlichung von Künstlerbildern die fragliche Aufnahme Werbeinteressen Dritter nutzbar machen wollte, um eine Erlaubnis des Klägers auch für diese aus dem Rahmen des Üblichen fallende Art der Veröffentlichung nachzusuchen. Da das unstreitig nicht geschehen ist, ist das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gelangt, daß eine Einwilligung des Klägers in die von ihm beanstandete Art der Verbreitung seines Bildnisses nicht erwiesen ist.

 

2. Aber auch insoweit das Berufungsgericht den Beklagten zur Rechtfertigung dieser Veröffentlichung eine Berufung auf § 23 Abs 1 Nr 1 KUG versagt, ist ein Rechtsirrtum nicht ersichtlich. Diese Ausnahmebestimmung enthält mit Rücksicht auf das berechtigte Interesse der Allgemeinheit an einer bildmäßigen Darstellung von Personen, die dem öffentlichen Leben angehören, eine Einschränkung des Rechtes am eigenen Bild für Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Eine Veröffentlichung solcher Bildnisse ist auch ohne Einwilligung des Abgebildeten zulässig. Der Kläger, den sein Wirken als Schauspieler in eine breitere Öffentlichkeit stellt, gehört zu den Personen der Zeitgeschichte im Sinne dieser Bestimmung. Insoweit ist allein maßgebend, daß die öffentliche Meinung Bildberichte über diesen bekannten Künstler als bedeutsam und um der dargestellten Person willen der Beachtung wert empfindet. Die Ausnahmebestimmung des § 23 Abs 2 Nr 1 KUG, die nach der Gesetzesbegründung lediglich den Bedürfnissen der Allgemeinheit nach einer sachgerechten bildmäßigen Information über Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Rechnung tragen will, erfaßt jedoch nicht Veröffentlichungsarten, an denen ein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit nicht anzuerkennen ist, weil sie in Wahrheit allein den Geschäftsinteressen der mit der fraglichen Abbildung Kundenwerbung treibenden Firmen dienen. Derartige Veröffentlichungen, die sich nicht mit dem Informationsbedürfnis der Allgemeinheit rechtfertigen lassen, fallen vielmehr von vornherein aus dem Anwendungsbereich dieser Ausnahmebestimmung heraus.

 

Die Beklagten können sich aber zur Rechtfertigung ihres Vorgehens auch deshalb nicht auf die gesetzliche Abbildungsfreiheit von Personen der Zeitgeschichte berufen, weil durch die hier fragliche Art der Veröffentlichung berechtigte Interessen des Klägers verletzt werden und damit gemäß § 23 Abs 2 KUG die Befugnis zu einer ungenehmigten Verbreitung in jedem Fall entfällt. Hierbei ist mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, daß eine Verletzung berechtigter Interessen im Sinne dieser Bestimmung auch dann vorliegen kann, wenn das Bild als solches einwandfrei und die Art der Darstellung in keiner Weise unwürdig ist. Wie das Reichsgericht schon in seiner Zeppelin-Entscheidung (RGZ 74, 312) herausgestellt hat, entspricht es nicht dem Geschmack eines jeden, sein Bild mit den Waren eines beliebigen Händlers in Verbindung gebracht zu sehen, und es muß deshalb grundsätzlich der freien Entschließung des einzelnen vorbehalten bleiben, ob er sein Bild als Anreiz für einen Warenkauf zur Verfügung stellen will. Es geht insoweit nicht um ein Werturteil über den Sinn und die Zweckmäßigkeit der Warenreklame als solcher. Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, ob es sich um eine im übrigen nicht zu beanstandende Werbung einer angesehenen Firma für anerkannte Qualitätserzeugnisse handelt. Das geschützte Rechtsgut, in das mit derartigen ungenehmigten Veröffentlichungen von Bildnissen zu Werbungszwecken für Waren oder gewerbliche Leistungen eingegriffen wird, ist die allein dem Abgebildeten - als natürliche Folge seines Persönlichkeitsrechts - zustehende freie Entscheidung darüber, ob und in welcher Weise er sein Bild den Geschäftsinteressen Dritter dienstbar machen will. Es wäre nicht einzusehen, warum ein solcher Schutz der Persönlichkeitssphäre nicht gerade auch Personen der Zeitgeschichte zugebilligt werden sollte, die im besonderen Maße der Kritik und der Beachtung der Öffentlichkeit ausgesetzt sind. Aus der Ausnahmebestimmung des § 23 Abs 1 Nr 1 KUG kann jedenfalls nichts Gegenteiliges entnommen werden; denn diese Einschränkung des Bildnisschutzes erschien dem Gesetzgeber, wie bereits hervorgehoben wurde, lediglich im Interesse der Allgemeinheit an sachgerechten Bildberichten über bekannte Persönlichkeiten geboten. Ein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit aber, solchen Bildnissen auch als Blickfang in Werbeanzeigen zu begegnen, kann nicht anerkannt werden.

 

Das Reichsgericht hat zwar in der Tull-Harder-Entscheidung (RGZ 125, 80) die Verbreitung des Bildes eines bekannten Fußballspielers im Rahmen einer Reklamebildserie mit dem Titel "Volkstümliche Fußballspieler", die der Bildhersteller an Zigarettenfabriken zur Einlegung in Zigarettenschachteln verkaufte, auch ohne dessen Einwilligung für zulässig erachtet. Es kann dahinstehen, ob der allgemein gehaltenen Erwägung des Reichsgerichts, wonach sich die Abbildungsfreiheit für Personen der Zeitgeschichte unter besonderen Voraussetzungen auch auf Veröffentlichungen zu Zwecken der Kundenwerbung erstrecken könne, noch zu folgen ist, nachdem das Grundgesetz das Recht eines jeden Menschen auf Achtung seiner Würde und auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit verfassungsmäßig gewährleistet hat (Art 1 und 2 GrundG; BGHZ 13, 334 (338)). Denn wie die Vorinstanzen treffend hervorheben, unterscheidet sich der vom Reichsgericht abgeurteilte Fall in seiner tatsächlichen Gestaltung in wesentlichen Punkten von dem hier zu entscheidenden Sachverhalt. Das Bild von Tull Harder war nicht in unmittelbarer Verbindung mit der Ware und der Firma, für die geworben werden sollte, verbreitet worden. Der seinem Bild beigefügte Text hatte sich nur mit seinen persönlichen, insbesondere seinen sportlichen Eigenschaften befaßt. Die werbende Firma erschien lediglich als Hinweis unter dem Text. Wenn hiernach das Bild Tull Harders auch den Werbeinteressen der verbreitenden Firma diente, so hatte sich die werbende Firma doch nicht unmittelbar der Person Tull Harders als Anreiz zum Kauf ihrer Waren bedient, sondern machte ihrer Werbung in Wahrheit das gesetzlich anerkannte Bedürfnis der Allgemeinheit an der bildhaften Darstellung bekannter Persönlichkeiten nutzbar, indem sie ihre Kunden zum Sammeln derartiger Abbildungen anregen und damit als Nebenfolge ihren Warenabsatz fördern wollte. Im Streitfall dagegen wird die Beliebtheit und der Ruf des Klägers unmittelbar als Kaufanreiz für die angepriesene Ware verwendet, indem der Leser des Inserats durch die Vorstellung zum Kauf bewegt werden soll, daß ein "berühmter Mann" wie der Kläger ein "berühmtes Fahrzeug" wie den Motorroller der beklagten Gesellschaft benutze. Hier ging es somit der werbenden Firma gar nicht um eine Befriedigung des Bedürfnisses der Allgemeinheit an der Darstellung bekannter Persönlichkeiten, sondern einzig und allein darum, durch ein unmittelbares Nebeneinanderstellen ihrer Ware und der abgebildeten Person das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf ihre Ware übertragen zu sehen. Ein schutzwürdiges Bedürfnis der Allgemeinheit aber, daß Personen der Zeitgeschichte sich auch gegen ihren Willen für eine derartige Wirtschaftswerbung zur Verfügung stellen müssen, kann nicht anerkannt werden. Bei solcher Interessenlage gebührt vielmehr dem Schutz der Persönlichkeitssphäre des Abgebildeten der Vorrang. Das Berufungsgericht hat hiernach ohne Rechtsverstoß das Recht des Klägers am eigenen Bild durch die ohne sein Einverständnis verbreitete Werbeanzeige der beklagten Gesellschaft als verletzt angesehen, ohne daß es einer Prüfung bedurfte, ob etwa eine solche Art der Veröffentlichung dem persönlichen Ansehen oder künstlerischen Ruf des Klägers abträglich sein kann.

 

3. Es ist anerkannten Rechts, daß auch die Verletzung von Persönlichkeitsrechten vermögensrechtliche Ersatzansprüche auslösen kann. Ein Schaden freilich, der nicht Vermögensschaden ist, kann nach geltendem Recht nicht zu einem Geldersatzanspruch führen, weil hier keiner der Fälle vorliegt, in denen das Gesetz den Anspruch eigens darauf erstreckt (§ 253 BGB; RG GRUR 1934, 625). Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist weiterhin eine schuldhafte Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Soweit das Berufungsgericht ein Verschulden des Beklagten B. bejaht, ist ein Rechtsverstoß nicht erkennbar.

 

Das angefochtene Urteil hat dem Kläger eine angemessene Vergütung unter dem Gesichtspunkt der entgangenen Lizenzgebühr zugebilligt. Diese Art der Schadensberechnung ist vom Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung bei der Verletzung von Urheberrechten als zulässig anerkannt worden. Hieran ist entgegen den im Schrifttum erhobenen Bedenken (Riezler, Urheberrecht S 128; Marwitz-Möhring, Kommentar zum LitUrhG § 36 Anm 11ff) festzuhalten. Für die Möglichkeit einer Schadensberechnung nach der angemessenen Vergütung, die im Falle eines Vertragsabschlusses zu den üblichen Bedingungen zu zahlen gewesen wäre, spricht bei Verletzung von Ausschließlichkeitsrechten ein praktisches Bedürfnis und die Billigkeitserwägung, daß niemand durch den unerlaubten Eingriff in solche Rechte bessergestellt werden soll, als er im Fall einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechtsinhaber gestanden hätte. Dieser für die Schadensliquidation aus Urheber- und Patent*-verletzungen vom Reichsgericht entwickelte Grundsatz, dem gewohnheitsrechtlicher Rang zukommt (RGZ 35, 63; 43, 56; 46, 14; 50, 111; 84, 370; 95, 223; 130, 108; RG GRUR 1938, 449; GRUR 1934, 627), entspricht der Interessenlage bei allen Eingriffen in Ausschließlichkeitsrechte, die üblicherweise nur gegen Entgelt gestattet werden. Er kann deshalb auch unbedenklich auf die hier in Frage stehende Verletzung der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse des Klägers an seinem Bilde erstreckt werden; denn nach den auf Grund des Sachverständigengutachtens getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts gestatten bekannte Künstler derartige Veröffentlichungen zumeist nur gegen eine nicht unerhebliche Vergütung. Es handelt sich somit um einen unzulässigen Eingriff in ein fremdes, vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht, für dessen Ausgleich die gleichen Billigkeitserwägungen zum Tragen kommen, die die Rechtsprechung bei Verletzung von Urheber- und Patent*-rechten zur Anerkennung einer Schadensberechnung nach der entgangenen Vergütung geführt haben.

 

Die Höhe der hiernach an den Kläger als Schadensersatz zu zahlenden Vergütung hat das Berufungsgericht, gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen, geschätzt. Die Nachprüfung ergibt nicht, daß das Berufungsgericht bei dieser Schadensschätzung etwa vorhandene und vorgetragene Schätzungsunterlagen unberücksichtigt gelassen hätte. Die sich im Rahmen des § 287 ZPO haltende Schadensschätzung kann deshalb aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden (RGZ 130, 112; RG GRUR 1939, 449 (453)).

 

Der Beklagte B. ist somit zu Recht verurteilt worden.

 

4. [...]

 

5. Das Berufungsgericht hat die Klage gegen die Gesellschaft mit der Begründung abgewiesen daß ein Verschulden nicht erwiesen sei (wird ausgeführt).

 

Es bedarf keiner abschließenden Stellungnahme zur Verschuldensfrage, da die Klage gegen die Gesellschaft jedenfalls aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung begründet ist.

 

6. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß auf dem Gebiet des Urheberrechts die Geltendmachung von Bereicherungsansprüchen zulässig ist (BGHZ 15, 338 (348); 5, 116 (123); RGZ 121, 258 (259); RGZ 90, 137). Es meint aber, es sei fraglich, ob im vorliegenden Fall das Tatbestandsmerkmal "etwas erlangt haben" (§ 812 BGB) erfüllt sei, weil das Urheberrecht an der Fotografie dem B. zugestanden habe und die Befugnis des Klägers, die Veröffentlichung des Bildnisses zu gestatten, dieses Urheberrecht nur überlagert habe. Jedenfalls habe die Gesellschaft nichts "auf Kosten" des Klägers erlangt. Der Kläger habe nämlich nicht darzutun vermocht, daß er sein Bild auf dem Motorroller anderweit habe "verkaufen" können. Infolgedessen käme die unbestrittene Behauptung der Gesellschaft, die keine Aufwendungen erspart haben will, zum Tragen, wonach sie keinesfalls gewillt gewesen sei, die Verbreitungsbefugnis vom Kläger zu erkaufen, wie auch ihre weitere Behauptung, daß sie den Willen des Klägers, eine Vergütung zu erlangen, weder gekannt habe noch habe kennen müssen.

 

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts stehen nicht im Einklang mit den im Bereicherungsrecht anerkannten Rechtsgrundsätzen. Die Gesellschaft hat das Bildnis des Klägers gewerblich ausgewertet, ohne daß die hierzu nach dem Gesetz erforderliche Einwilligung des Klägers vorgelegen hat. Wie das Berufungsgericht auf Grund des Sachverständigengutachtens feststellt, hätte der Kläger die Erlaubniserteilung entsprechend der in Künstlerkreisen weitgehend herrschenden Übung von der Zahlung einer Vergütung abhängig machen können. Diese Vergütung hat die Gesellschaft durch ihr unerlaubtes Vorgehen auf Kosten des Klägers erspart (RGZ 166, 71; Enneccerus-Lehmann, Recht des Schuldverhältnisse S 850). Hierbei ist unerheblich, daß dem Kläger ein Urheberrecht an der Aufnahme nicht zustand und fraglich sein kann, ob er sich ein Entgelt durch eine anderweite Verwertung dieser Aufnahme hätte beschaffen können. Entscheidend ist allein, daß dem Kläger die Honorierung seiner Einwilligung in die tatsächlich durchgeführte Veröffentlichung, die er auf Grund seines Rechtes am eigenen Bild hätte verlangen können, vorenthalten worden ist. Der Bereicherungsanspruch soll nicht eine Vermögensminderung im Vermögen des Benachteiligten, sondern einen grundlosen Vermögenszuwachs im Vermögen des Bereicherten ausgleichen (RG HRR 1933, Nr 1311; Köln OLG 13, 388).

 

Die Gesellschaft kann aber dem Bereicherungsanspruch auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß sie keine Aufwendungen erspart habe, weil sie bei Kenntnis des Vergütungsanspruchs des Klägers sein Bildnis nicht in das Werbeinserat aufgenommen, sondern sich anderweit beholfen hätte. Sie muß sich vielmehr an der Sachlage, die sie selbst geschaffen hat, festhalten lassen (RGZ 97, 310 (312); OLG Dresden SeuffArch 73 Nr 51).

Quelle: BGH, BGHZ 20, 345-355


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