Besonderer Kündigungsschutz für Schwangere bei künstlicher Befruchtung schon ab Mitteilung über den ärztlichen Eingriff

Die Kündigung einer Schwangeren ohne behördliche Genehmigung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber die Schwangerschaft bekannt war oder er zwei Wochen nach der Kündigung über die Schwangerschaft informiert wurde (siehe § 9 Abs.1 S.1 MuSchG). Wurde die Mitteilungsfrist nicht eingehalten, so ist die Kündigung dennoch unwirksam, wenn die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber zuvor über den ärztlichen Eingriff informierte - siehe BAG, Urteil vom 26. März 2015 - 2 AZR 237/14 .


Die Klägerin ließ sich künstlich befruchten. Dies teilte Sie vorher dem Arbeitgeber mit. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis sodann eine Woche nachdem ärztlichen Eingriff. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

"Die Klägerin war als eine von zwei Angestellten seit Februar 2012 in der Versicherungsvertretung des Beklagten beschäftigt. Ermahnungen oder Abmahnungen etwa wegen schlechter Leistungen erhielt sie nicht. Am 14. oder 15. Januar 2013 teilte sie dem Beklagten mit, dass sie seit mehreren Jahren einen bisher unerfüllten Kinderwunsch hege und ein erneuter Versuch einer künstlichen Befruchtung anstehe. Der Embryonentransfer erfolgte am 24. Januar 2013. Am 31. Januar 2013 sprach der Beklagte - ohne behördliche Zustimmung - eine ordentliche Kündigung aus. In der Folge besetzte er die Stelle mit einer älteren Arbeitnehmerin. Am 7. Februar 2013 wurde bei der Klägerin eine Schwangerschaft festgestellt. Hierüber informierte sie den Beklagten am 13. Februar 2013."

zit.: Pressestelle des Bundesarbeitsgericht, Pressemitteilung Nr. 17/15, siehe:

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2015&nr=17957&pos=2&anz=19&titel=K%FCndigung_nach_In-vitro-Fertilisation

Kündigung verstößt gegen das Benachteiligungsverbot!

Der BAG hat entschieden, dass die Mitteilung über die Schwangerschaft zwar zu spät erfolgte. Allerdings verstößt die Kündigung gegen das Benachteiligungsverbot und ist daher unwirksam. Kündigt der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin, weil diese sich einer künstlichen Befruchtung unterzogen hat, dann liegt hierin nämlich eine verbotene Diskriminierung des Geschlechtes (siehe auch: EuGH, Urteil vom 26. Februar 2008 -C-506/06).

Schwangere sollten möglichst früh mit offenen Karten spielen!

Schwangeren kann nur angeraten werden, dass sie ihren Arbeitgeber so schnell wie möglich unterrichten: Besonderer Kündigungsschutz besteht effektiv nämlich erst ab dem Zeitpunkt, wann der Arbeitgeber von der Schwangerschaft Kenntnis hat. Eine Kündigung kann auch durch nachträgliche Anzeige über das Bestehen einer Schwangerschaft beseitigt werden, wenn die Anzeige in der 2-Wochen-Frist erfolgte. Das vorbezeichnete Urteil zeigt nun auf, dass es durchaus sinnvoll sein kann, den Arbeitgeber frühzeitig über die Familienplanung zu unterrichten: Die Kündigung aufgrund des Kinderwunsches einer Frau verstößt gegen das Benachteiligungsverbot!



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