Das Wichtigste in Kürze:
Der Erbverzichtsvertrag bietet eine gute Möglichkeit, bereits zu Lebzeiten den Nachlass zu regeln. Üblicherweise erhält der Erbe im Gegenzug für seinen Verzicht eine Abfindung.
In der Regel sind Erbverzichtsverträge dann sinnvoll, wenn sich im Nachlass eine Firma oder andere Gesellschaftsbeteiligung befinden, und der Erblasser sicherstellen will, dass diese von nur einem Erben fortgeführt werden.
Auch kann durch den Erbverzichtsvertrag sichergestellt werden, dass der den Erblasser überlebende Ehegatte im Todesfall abgesichert ist.
Bei dem Erbverzichtsvertrag handelt es sich um einen Vertrag zwischen Erbe und künftigen Erblasser.
Durch den Erbverzicht verzichtet ein gesetzlicher Erbe auf seinen Anteil am Nachlass. Er ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen und erhält im Todesfall des Erblassers auch keinen Pflichtteil (siehe § 2346 BGB). Grundsätzlich wird der Verzichtende so behandelt, als hätte er niemals gelebt Allerdings kann der Erbverzicht auch beschränkt werden. So ist es möglich, dass Erblasser und Erbe zum Beispiel vereinbaren, dass Letzterer im Todesfall nur seinen Pflichtteil erhält.
Der Erbverzicht wirkt -falls nicht etwas anderes bestimmt wird- auch für und gegen die Kinder des Verzichtenden (§ siehe § 2349 BGB).
Der Erbverzichtsvertrag bedarf der notariellen Form (siehe § 2348 BGB).
Ist der Erbverzicht zugunsten einer anderen Person erklärt worden, so ist der Vertrag im Zweifel hinfällig, wenn diese Person im Todesfall nicht begünstigt wird (siehe § 2350 BGB). Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Kind im Hinblick auf seine Eltern den Erbverzicht erklärte. Sterben aber beide Eltern gleichzeitig, dann ist der Erbverzicht gegenstandslos.
Ein einmal geschlossener Erbverzichtsvertrag kann nachträglich auch aufgehoben oder abgeändert werden (siehe § 2351 BGB). Der Aufhebungsvertrag unterliegt der notariellen Form.
Allerdings muss dieser Aufhebungsvertrag nach herrschender, juristischer Meinung noch zu Lebzeiten zwischen Erblasser und Verzichtenden abgeschlossen werden. Stirbt der Erblasser oder aber der Erbe (siehe BGH, Urteil vom 24.06.1998 - IV ZR 159/97) vorher, so ist eine Aufhebung nicht mehr möglich.
Der Erbverzichtsvertrag kann grundsätzlich nur zu Lebzeiten des Erblassers angefochten werden (siehe Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 04.01.2006 – 1Z BR 97/03). Unterlag der Erbe bei Unterzeichnung des Vertrages einem Irrtum oder wurde er über das Vermögen getäuscht oder gar bedroht, so muss er schnell handeln, da nach dem Tod des Erblassers eine Anfechtung nicht mehr möglich ist.
Ein Erbverzichtsvertrag, der gegen die Guten Sitten verstößt, ist nichtig. Anders als die Anfechtung kann die Nichtigkeit auch nach dem Tode des Erblassers gerichtlich festgestellt werden.
Entscheidend ist hierbei, dass ein grobes Missverhältnis zwischen Erbverzicht und Abfindungssumme vorliegt und der Erblasser ganz bewusst einen Mangel des Erben ausnutze, um ihm zur Unterzeichnung zu bewegen. Beispiele für einen Mangel:
Die Abgrenzung zwischen einem sittenwidrigen und einem anfechtbaren Erbverzicht sind fließend und soll durch folgende Beispiele veranschaulicht werden:
1. Beispiel:
Der Erblasser und sein Sohn schließen einen Erbverzichtsvertrag. Der 19-jährige und geschäftlich unerfahrene Sohn erhält eine Abfindung, die weit unter Wert seines künftigen Erbanteils liegt. Der Sohn wurde im Vorfeld durch den instruierten Rechtsanwalt des Erblassers "beraten". Er empfahl diesem den Erbverzichtsvertrag zu unterzeichnen, weil es für ihn günstiger sei. Nach dem Tod des Vater stellte sich aber heraus, dass der Nachlass weit höher ist als zuvor angenommen.
● Das Gericht ging in diesem Fall davon aus, dass der Erbverzichtsvertrag sittenwidrig und damit ungültig ist. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Vater seinen Sohn nicht nur über die Höhe das Nachlasses täuschte, sondern seine Geschäftsunerfahrenheit ausnutze, indem er ihn über seinen Rechtsanwalt gezielt zum Abschluss des Vertrages (falsch-)beraten ließ (siehe OLG München, Urteil vom 25.01.2006 - 15 U 4751/04).
2. Beispiel:
Der Ehemann setzte mit seiner Ehefrau einen Erbverzichtsvertrag zugunsten seines Sohnes auf. Hierbei täuschte er die Ehefrau über die Höhe des Vermögens bzw. des
späteren Nachlasses. Der Mann verstarb. Das Nachlassgericht erteilte dem Sohn einen Alleinerbschein. Hiergegen wandte sich die Frau.
● Das Gericht nahm Sittenwidrigkeit nicht an. Es machte deutlich, dass die behauptete Täuschung des Erblassers über die Höhe des Nachlasses zwar einen Irrtum bei der Frau erregte, doch fehlte es daneben an der Ausnutzung eines Mangels. Im Ergebnis hätte die Ehefrau den Vertrag anfechten müssen. Da aber der Ehemann nunmehr verstorben ist, ist eine Anfechtung ausgeschlossen (siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Februar 2013 - I-3 Wx 193/12).
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Adams (Freitag, 27 Oktober 2017 12:29)
Guten Tag, ein Erbverzichtsvertrag wurde beim Notar geschlossen. Fast 20 Jahre später wurde ein Testament per Hand geschrieben (auch nur von dem Verfasser unterschrieben und ohne Notar). Es ist doch so, dass man diesen Vertrag nur beim Notar widerrufen kann, oder? Würde das bedeuten, dass dieses Testament unwirksam ist? Vielen Dank.
Antwort zu #1 (Montag, 11 Juni 2018 00:03)
Guten Tag,
grundsätzlich ist das jüngere Testament beachtlich.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Nelke
Rechtsanwalt